DIE GESCHICHTE MÜNNERSTADTS
Das Gebiet der heutigen Stadt Münnerstadt ist uraltes Siedlungsgebiet. Reiche Funde von der Jungsteinzeit (4500-2100 v. Chr.) bis zur Hallstatt- Zeit (ab 750 v. Chr.) beweisen, dass schon vor Jahrtausenden Menschen hier Wälder roden, Felder bestellen und Handel treiben. Gerade im östlichen Stadtgebiet, im Umfeld der Stadteile Großwenkheim, Maria Bildhausen und Althausen, bearbeiten die keltischen Siedler die fruchtbaren Böden des hier beginnenden Grabfeldes.
Die Thüringer, nach ihnen die Franken, drängen nach Christi Geburt in den Raum um Münnerstadt. Sie nutzen den Michelsberg östlich von Münnerstadt als Fliehburg für die umwohnende Bevölkerung in Zeiten der Gefahr. Diese „Grapfeldonoburg“ ( die Hauptvolksburg der Grabfeldgaubewohner) dürfte im 5. Jahrhundert entstanden sein – und mit ihr ein Dorf zu ihren Füßen an der Lauer. Am 28. Dezember 770 vermachen Egi und Sigihilt ihren Gesamtbesitz ( auch Weingärten) zu „Munirihestat“ dem Kloster zu Fulda – die erste urkundliche Erwähnung unserer Stadt. Aus den knapp 100 Jahren zwischen 770 und 876 gibt es 18 Urkunden, die Münnerstadt nennen. Dies belegt, dass der Ort in karolingischer Zeit große Bedeutung besitzt. Die älteste archivalisch nachweisbare Gaugerichtsverhandlung in ganz Ostfranken findet am 3. Mai 800 in Münnerstadt statt.
1156 stiftet Hermann von Stahleck das bedeutende Zisterzienserkloster Maria Bildhausen im östliche Stadtgebiet. Die Grafen von Henneberg mehren ihren Besitz im Raum Münnerstadt. Im 12. Jahrhundert errichten sie am Zusammenfluss von Lauer und Talbach eine Talburg. Die Bewohner des alten Ortes Münnerstadt verlassen ihren wenig geschützten Häuser und siedeln sich im Schatten der Burg an. Um das Jahr 1230 entwickelt sich die befestigte Stadt (oppidum) Münnerstadt mit Stadtmauer (erwähnt 1251) und vier Stadttoren, Markt (1272), Stadtgericht und Stadtrat (1279) und Stadtsiegel (1287). Handel und Handwerk blühen auf. Das Münnerstädter Getreidemaß gilt in 38 Orten des nördlichen Unterfrankens. Um 1231 übernimmt der Deutsche Orden die Pfarrei Münnerstadt. 1279 gründen die Augustiner auf Wunsch der Bürger ein Kloster in der Stadt.
Die Grafen von Henneberg fördern Handel und Handwerk. Durch ihren Einfluss verleiht Kaiser Ludwig der Bayer am 3. Juli 1335 dem blühenden Ort das Stadtrecht. Die wehrhafte Stadt wird zu ihrem wichtigen Stützpunkt gegen die mächtigen Würzburger Fürstbischöfe. Erbschaft und finanzielle Probleme ermöglichen es den geistlichen Herren, ab 1354 Teile der Stadt in ihren Besitz zu bringen. Die Bürger wollen die Herrschaft beider Stadtherren abschütteln und reichsfrei werden. Ein Aufstand scheitert, eine neue Stadtordnung regelt ab 1385 das Leben innerhalb der Mauern. 34 Urpfarreien zwischen Rhön und Frankenwald gehören zum Archidiakonat Münnerstadt. Einmal im Jahr treffen sich die Geistlichen in der mächtigen Pfarrkirche zu Münnerstadt. Die Handwerker schließen sich zu 24 Zünften zusammen. „Mürscht hat’s Geld“- Die wohlhabenden Bürger beauftragen selbstbewusst bedeutende Künstler mit der Ausgestaltung ihrer Kirche. 1492 errichtet Tilman Riemenschneider hier seinen ersten großen Flügelaltar, ein bedeutendes Werk der Gotik. 1504 bemalt der berühmte Veit Stoß diesen Altar und fertigt die vier Tafelbilder der Kilianslegende.
Die Zeiten ändern sich. Die Gedanken des Wittenberger Augustinermönchs Martin Luther fallen bei den Bauern und Bürger auf fruchtbaren Boden. Gegen den mächtigen Abt von Maria Bildhausen rotten sie sich zusammen und brennen 1525 das Kloster nieder. Doch der Aufstand des „Bildhäuser Haufens“ bricht wie der gesamte Bauernkrieg unter den harten Schlägen der Fürsten rasch zusammen. Das Jahr 1552 bringt viel Veränderung mit sich: Der erste evangelische Pfarrer zieht in der Pfarrkirche ein, die Augustiner müssen die Stadt verlassen, die Söldner des Ansbacher Markgrafen brandschatzen Teile der Stadt.
Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn erwirbt 1585 den Teil der Stadt, der bisher noch nicht den geistlichen Herren aus Würzburg gehört. Als Stadtherr führt er die Gegenreformation in „seiner“ Stadt durch. Etwa 400 Protestanten müssen die Stadt verlassen. Es sind vorrangig Handwerker, die Münnerstadt den Rücken kehren. Die Kirche wird aufwendig umgestaltet. Echter hat viel mit seiner Stadt vor: Ein Gymnasium soll der Ausbildung des Priesternachwuchses dienen. Doch erst 1660 kann einer seiner Nachfolger diese Absicht realisieren. Die schrecklichen Jahre des 30-jährigen Krieges setzen Stadt und Region hart zu. 1631 erobern die Schweden die Stadt, 1641 soll ein Wunder die Bürger und ihr Münnerstadt vor großem Unheil bewahrt haben. Jetzt kehren die Augustiner zurück (1652), bauen ihr Kloster wieder auf und übernehmen 1685 Pfarrei und Gymnasium.
Frankreichs Kaiser Napoleon verändert die Landkarte Europas und auch Frankens. Münnerstadt wird 1803 erstmals bayerisch. Die Abtei Maria Bildhausen wird säkularisiert, die Mönche werden vertrieben, die Gebäude teilweise abgerissen, andere verkauft. Münnerstadt wird 1804 Sitz eines Landgerichts. Der Deutsche Orden muss Münnerstadt verlassen, sein Besitz fällt dem Staat zu. Der Wiener Kongress schlägt Franken und damit Münnerstadt endgültig dem neuen Königreich Bayern zu. Die Stadt wird Verwaltungszentrum für die ländliche Umgebung, verliert aber immer mehr von seiner früheren Bedeutung und wird im frühen 20. Jahrhundert „nur“ eine kleine Landstadt im neuen Kreis Bad Kissingen.
1874 wird die Bahnstrecke Würzburg/Schweinfurt – Meiningen/später Erfurt eröffnet, Münnerstadt wird Bahnstation an der Verbindung Stuttgart-Berlin. Bombardierungen und Beschuss im Zweiten Weltkrieg verändern das Stadtbild erheblich. Wertvolle Bausubstanz geht verloren ( Marienkapelle, Wohnhäuser, Stadttor). Münnerstadt liegt nun an der „Zonengrenze“, alte Verbindungen nach Südthüringen sind auf Jahrzehnte unterbrochen. Betriebe, vor allem aus dem Osten Deutschlands, siedeln sich in der Stadt an. Aus der bürgerlich geprägten Gemeinde wird ein Standort von Firmen mit bundesweiter Bedeutung. 1972 bildet die Stadt auf freiwilliger Basis mit 10 Gemeinden aus dem Umland die heutige Stadt Münnerstadt mit ca. 95 km² Fläche und etwa 8300 Einwohnern. In die neuen Stadtteile fließt Geld für den Bau von Einrichtungen der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung, von Straßen und Gemeindehäusern sowie für Dorferneuerungen (Brünn, Kleinwenkheim, Großwenkheim, Wermerichshausen). Ab 1990 kann der immer stärker werdende Verkehr über eine Entlastungsstraße um die Altstadt herum geleitet werden, die fast 50 Jahre unterbrochene Bahnstrecke nach Erfurt wird 1991 wieder eröffnet.
Münnerstadt liegt wieder mitten in Deutschland – eine liebenswerte Stadt mit wertvollen Kunstschätzen, einem sehenswerten Stadtbild mit Türmen, Toren und Fachwerk, reicher Geschichte und einer großen Zukunft
um 500
Thüringische Siedlung – Grabfelddonoburg (Fliehburg auf dem Michelsberg)
770
Erste urkundliche Erwähnung Munirichestats
7./8. Jahrh.
Einwanderung fränkischer Siedler Verlegung des Gerichts in die Siedlung im Lauertal zu Füßen des Michelsberges
1078
Erste Erwähnung des Grafengeschlechts der Henneberger
1150-1200
Die Henneberger erhalten Besitz in “Munirichestat”
1156
Gründung des Zisterzienserklosters Maria Bildhausen
12. Jahrh.
Gegensätzliche Territorialinteressen Henneberger – Würzburger Bischof
nach 1168
Anlage der Burg und der Burgmannensiedlung
1220/1230
Steigende Bedeutung Munirichestats für die Henneberger
1251-1336
Befestigung der neuen Siedlung; Kommende des Deutschen Ordens in Münnerstadt
13./14. Jahrh.
Zuwanderung von Neubürgern – Entwicklung des Bürgertums u. des Handwerks
1279
Gründung des Augustinerklosters in Münnerstadt
1280-1335
Konflikt zwischen Deutschem Orden und Bürgerschaft
03.07.1335
Stadtrechtsverleihung durch Kaiser Ludwig den Bayern – Neue Ratsverfassung
1335-1385
Unabhängigkeitsbestrebungen des Stadtrates – Aufstand gegen die Stadtherren wird niedergeschlagen
ab 1354
Zwei Stadtherren in Münnerstadt: Henneberger und Fürstbischof von Würzburg
1385
Neue Stadtordnung
1385-1525
Blütezeit des Handwerkes in der Stadt
1468
Zunftordnung
1525
Niederwerfung des “Bildhäuser-Bauernaufstandes” im Bauernkrieg – Beschränkung der Selbstverwaltung
1550
Vertreibung der Augustiner
1585
Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn wird alleiniger Stadtherr von Münnerstadt – Gegenreformation
ab 1630
Schrecken des 30jährigen Krieges – Belagerung Münnerstadts durch die Schweden und wunderbare Errettung (1641)
1652
Rückkehr der Augustiner nach Münnerstadt
1660
Gründung des Gymnasiums
1803 / 1814
Münnerstadt kommt an Bayern
1804
Münnerstadt wird Landgericht
1862
Gründung des Bezirksamtes (Bad) Kissingen
1874
Eröffnung der Bahnlinie Schweinfurt – Meiningen – Münnerstadt, wird Bahnstation
1879
Umbenennung der Landgerichte in Amtsgerichte
1920
Münnerstadt und Bad Kissingen werden zu einem Bezirksverband zusammengeschlossen
1972
Gemeindegebietsreform – 11 ehemals selbstständige Gemeinden bilden die “neue Stadt” Münnerstadt
1973
Verlust des Amtsgerichtes
ab 1980
Dorferneuerungsmaßnahmen in den Ortsteilen Brünn, Kleinwenkheim, Großwenkheim, Dorfentwicklungsprojekt in Wermerichshausen
1990
Eröffnung der Entlastungsstraße
1991
Lückenschluß an der Bahnstrecke bei Mellrichstadt – wieder durchgehender Bahnverkehr nach Erfurt